Bis 2030 kann Europa aus Atomkraft aussteigen
Eine neue Studie der Technischen Universität Wien und der Würzburger Stiftung Umweltenergierecht, die der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und seine österreichische Partnerorganisation Global 2000 veröffentlicht haben, hält den EU-weiten Atomausstieg bis 2030 für möglich.
Voraussetzung dafür seien jedoch stärkere europaweite Anstrengungen zur Steigerung der Energieeffizienz und ein schneller weiterer Ausbau erneuerbarer Energien. Erforderlich seien weitreichende politische Beschlüsse wie das Setzen konkreter Ziele für mehr Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien sowie eine grundlegende Reform des CO2-Zertifikatehandels.
Der BUND-Energieexperte Thorben Becker forderte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf, mit den anderen EU-Partnern ambitionierte Klimaziele für das Jahr 2030 zu vereinbaren.
„Nur mit verbindlichen Zielen zur Senkung der CO2-Emissionen, für mehr Energieeffizienz und für den Ausbau erneuerbarer Energien kann die deutsche Energiewende abgesichert und eine europäische Energieversorgung ohne Atomkraft realisiert werden“, sagte Becker.
In der Studie „Europa 2030 ohne Atomkraftwerke“ untersuchten Experten der Technischen Universität Wien auch den Einfluss des EU-weiten Atomausstiegs auf die Strompreise. Der weitere Ausbau erneuerbarer Energien würde demnach zwar zunächst Kosten verursachen, auf längere Sicht jedoch zu sinkenden Strompreisen führen. Voraussetzungen dafür seien konkrete Ausbauziele auf jeweils nationaler und auf EU-Ebene sowie technologiespezifische Best-Praxis-Fördermodelle für erneuerbare Energien.
Untersucht haben die Autoren außerdem aktuell diskutierte neue Fördermodelle für den Bau von Atomkraftwerken. Danach seien feste Einspeisevergütungen für Atomstrom, wie sie z. B. von Kraftwerksplanern in Großbritannien verlangt würden, nach EU-Recht nicht genehmigungsfähig. Die Bundesregierung müsse die Pläne Großbritanniens, neue Atommeiler subventionieren zu wollen, klar ablehnen. Der BUND und Global 2000 lehnen jegliche staatliche Förderung neuer Atomkraftwerke auch deshalb ab, weil damit horrende finanzielle Lasten auf die Allgemeinheit zukämen. Besonders abschreckend sei das Beispiel des im Bau befindlichen Atomkraftwerks Olkiluoto in Finnland, dessen Kosten ursprünglich auf drei Milliarden Euro veranschlagt worden seien und das inzwischen mindestens neun Milliarden Euro koste.
„Statt Förderungen für neue Atomkraftwerke zu diskutieren, müssen die Weichen auf europäischer Ebene weiter klar in Richtung Energiewende gestellt werden“, sagte Becker.
Bei der EU-weiten Energiewende gebe es auch große regionale Unterschiede. So würde Frankreich bis 2030 etwa 430 Terawattstunden Atomenergie vom Netz nehmen müssen. Dafür würden dann etwa 200 Terawattstunden aus Erneuerbare-Energien-Anlagen kommen. Dies zeige, dass für manche Länder der Atomausstieg von einer verstärkten Kooperation mit anderen EU-Ländern abhänge.
„Was zunächst utopisch klingt ist dennoch möglich, Europa kann bis spätestens 2030 auf Atomstrom verzichten und trotzdem seine Klimaziele erreichen“, sagte Becker. „Die aktuell anstehenden Beschlüsse zur EU-Klima- und Energiepolitik sind entscheidend, ob der Weg in eine atomstromfreie und sichere Energiezukunft auch wirklich beschritten wird. Für 2030 sind EU-weit ein Anteil von 45 Prozent erneuerbarer Energien und eine Reduzierung des Primärenergieverbrauchs um die Hälfte möglich. Nur mit einer solchen Zielstellung werden die EU-Mitgliedsstaaten ihren Energieverbrauch mittelfristig auf ein Niveau reduzieren, das vollständig erneuerbar und ohne eine einzige Kilowattstunde Atomstrom abgedeckt werden kann“, sagte Becker.
- Studie „Phase out of Nuclear Power in Europe – From Vision to Reality – Europa 2030 ohne Atomkraft“ (englisch)
- Studie „Phase out of Nuclear Power in Europe – From Vision to Reality – Europa 2030 ohne Atomkraft“ (deutsche Kurzfassung)
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Quellen: PE bund.net, global2000.at; 05.03.2014