Stilllegung verzögert sich: Keine Langzeitsicherheit in Morsleben
Die Stilllegung des Atommülllagers Morsleben verzögert sich weiter. Es fehlen „ausreichende Beweise“, dass der Atommüll in dem maroden Bergwerk „auch über Tausende Jahre keine Gefahr“ darstellt. Atomkraftgegner weisen seit Jahren auf das Risiko hin, dass das Endlager wie die Asse-2 havariert. Nur die Räumung des alten Salzbergwerkes kann Sicherheit garantieren.
Die Langzeitsicherheitsnachweis „gebe es aber noch nicht“, berichtete die „Magdeburger Volksstimme“. Das Umweltministerium in Magdeburg gehe laut seinem Sprecher Detlef Thiel aber davon aus, dass dieser Nachweis „grundsätzlich erbracht werden kann“, denn es gäbe „keine Zweifel an der Sicherheit“.
Das Endlager Morsleben war zu DDR-Zeiten in einem Salzstock, direkt an der Grenze zur BRD eingerichtet worden. Insgesamt wurden dort bis 1998 etwa 37.000 Kubikmeter atomarer Abfall eingelagert. Der schwach-, mittel und auch hochaktive Müll stammt aus Forschungseinrichtungen, den früheren DDR-Kernkraftwerken Lubmin und Rheinsberg. Nach der Grenzöffnung ignorierte die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) in den 1990er Jahren Expertenwarnungen vor einem Einlagerungsrisiko und sorgte für den Weiterbetrieb. Auch Mitarbeiter des Bundesamtes für Strahlenschutz und der damaligen Regierung von Sachsen-Anhalt hielten die Anlage schon in den 1990er Jahren nicht für geeignet, dauerhaft Atommüll zu lagern. Doch Merkel versicherte noch im Juni 1995, es gebe „kein Sicherheitsdefizit“. Ab 1994 wurde aus allen westdeutschen Atomkraftwerken, aus Forschungseinrichtungen und von Atomfirmen Atommüll nach Morsleben gebracht. Mit einer Novelle des Atomgesetz versuchte Merkel 1998 das Bergwerk aus „Kostengesichtspunkten“ möglichst lange auf Basis des alten DDR-Rechts zu betreiben, um weitere Einlagerungen zu ermöglichen. Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg gab dann aber einer Klage des BUND gegen dieses Gesetz statt und seit 1998 darf kein Müll mehr eingelagert werden.
Wie in der Asse-2 sprechen vor allem Wassereinbrüche und damit verbunden die Einsturzgefahr gegen eine Langzeitsicherheit. 2001 stürzten mehrere tausend Tonnen Salzgestein von der Decke im Zentralteil der Grube. Der Schacht muss stetig und unter großem Aufwand stabilisiert werden. Eine Abschirmung des Atommülls vor der Biosphäre ist für tausende Jahre unmöglich – aber notwendig. Bei Freisetzung des Inventars in das Grundwassers wird die Region verseucht.
- Damit ist eine Rückholung des Mülls – wie in der Asse-2 als mögliche Lösung des Desasters diskutiert und politisch versprochen – ohne Alternative. Doch für den Betreiber bislang keine Option.
Die Kosten für die Stilllegung – die Verfüllung mit Beton ist geplant – belaufen sich nach heutigen Schätzungen auf 2,2 Milliarden Euro. Die Bundesregierung ist Eigentümer des Bergwerks – und damit bezahlt der Steuerzahler die Sanierung der atomaren Altlasten. Würde das Bergwerk mit Beton verfüllt, wäre eine Rückholung des Mülls extrem erschwert.
- Sicherheitsrisiko Morsleben
Es handelt sich um die weltweit erste Stilllegung eines Endlagers: Die Bundesregierung plant, das ehemalige Endlagerbergwerk Morsleben unwiderruflich mit Salzbeton zu versiegelen und den darin befindlichen Atommüll ohne Rückholmöglichkeit zu begraben. Doch der Salzstock ist einsturzgefährdet, durch Wasserzuflüsse kann das Bergwerk absaufen und die Radioaktivität ins Grundwasser oder an die Oberfläche gelangen. Die Verstrahlung von Bevölkerung und Natur wird – früher oder später – in Kauf genommen.
- Erörterungsverfahren zu Morslebenschließung vorzeitig beendet
26. Oktober 2011 – Nach nur zwei anstatt vier veranschlagten Wochen ist das Erörterungsverfahren zur Schließung des ehemaligen Atommüllendlagers Morsleben beendet worden. 94 Einwendungen, von rund 13.500 Menschen unterzeichnet, wurden in den vergangenen Monaten gegen das endgültige Versiegeln mit Salzbeton eingebracht. Atomkraftgegner hoffen nun auf Gehör ihrer Argumente.
- Atomausstieg – Die Wahrheit Teil 5: Die Entsorgungsperspektive ist keine
25. Juni 2011 – Deutschland steigt aus. Bis 2022 sollen in einem Stufenplan alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden, das erste bereits 2015. Schwarz/gelb feiert das eigene Einknicken im Fortbestand der Atomenergie als Erfolg, rot/grün stimmt mit dem Argument “alternativlos” zu. Doch eine Perspektive für Entsorgung des Atommülls – weder für die Mengen, die bislang existieren, noch für die, die dazukommen werden, gibt es nicht.
Quelle (Auszug): focus.de, Atommüll Sorgenbericht; 17.7.2014