Japan: Zweifelhafter Versuch, zur Atomkraft zurückzukehren
Ein fragwürdiges Gutachten der Atomaufsichtsbehörde macht es möglich: Japan steht drei Jahre nach Beginn der Atomkatastrophe von Fukushima vor dem Neustart von Reaktoren. An anderer Stelle wurde das Anfahren aber verboten.
Das positive Gutachten bedeutet einen ersten Schritt für den Neustart der Atomreaktoren am Standort Sendai in der Präfektur Kagoshima: Die Sicherheitsbehörde kam zu dem Schluss, dass das AKW den gültigen Sicherheitsvorschriften genüge. Betrachtet wurden u.a. Erdbeben- und Tsunamisicherheit oder die Notstromversorgung im Falle eines Unfalls. Es handelt sich laut Greenpeace jedoch um keine allgemeine Bewertung der Sicherheit des Atomkraftwerks, sondern das Gutachten beziehe sich lediglich auf die Bereiche der seit Juli 2013 geltenden Richtlinien, die seit der Katastrophe in Fukushima verschärft wurden.Das Kraftwerk im südwestlichen Zipfel Japans liegt rund 50 Kilometer entfernt vom Vulkan Sakurajima auf der Insel Kyushu. Zuletzt war der Vulkan, der zu den weltweit aktivsten gehört, im August 2013 ausgebrochen. Bislang gibt es keine verlässliche Einschätzung über die Risiken der Vulkane in der Aira–Caldera. Auch wurde vernachlässigt, dass keine wirksamen Evakuierungspläne im Katastrophenfall für die Bevölkerung existieren. Zusätzlich gibt es keine funktionierende Notrufzentrale, die gegen Strahlung geschützt ist.
Sendai wäre die erste Atomanlage, die nach dem verheerenden Atomunfall im März 2011 nach strengeren Sicherheitsstandards arbeiten soll. Erwartet wird, dass der Betreiber Kyushi Electric die Meiler im Herbst wieder in Betrieb nimmt.
Kritiker betonen, dass die Atomaufsichtsbehörde unter enormen Druck von Industrie und Regierung stand, das Gutachten anzuerkennen. Damit soll ein Prozess begonnen werden, um eine Genehmigung zum Wiederanlauf der Reaktoren durchzusetzen. Als nächstes soll eine Stellungnahme an die Öffentlichkeit folgen, dann eine Überarbeitung der Sicherheitsbewertung und anschließend soll der Gouverneur der Region Kagoshima und der lokale Bürgermeister in Satsumasendai entscheiden, wann der Reaktor wieder hochgefahren wird.An anderer Stelle wurde allerdings erstmals seit der atomaren Katastrophe von Fukushima das vollständige Inbetriebnahme eines AKW verboten: Am 5. Juli hatte das Bezirksgericht der westlichen Provinz Fukui die weitere Wiederinbetriebnahme des Atomkraftwerks Oi untersagt. Die Kläger von mindestens 16 landesweiten Klagen gegen Atomkraft hoffen nun, dass das Urteil zum Präzedenzfall wird.
Nach dem Fukushima-GAU waren alle 48 japanischen Atomkraftwerke vom Netz genommen worden. Ministerpräsident Shinzo Abe plant, viele Atomreaktoren wieder hochzufahren. Bei einer Umfrage der Nachrichtenagentur Kyodo sprach sich eine Mehrheit von 55,2 Prozent der Teilnehmer dagegen aus. Erstmal bleiben alle Atomkraftwerke weiter abgeaschaltet.
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Quellen (Auszug): dpa, greenpeace.de, rf-news.de, 16.7.2014