Alte Siedewasserreaktoren: Mehr Sicherheit durch Räumung der Brennelemente nicht möglich

Würden die Reaktorkerne der stillgelegten Meiler in Deutschland von den hochradioaktiven Brennelementen geräumt, würde das Strahlungspotential um etwa 90 Prozent sinken. Doch es gibt keine Zulassung für Castor-Behälter, mit deren Hilfe die Brennelemente in einen besser gesicherten Zustand überführt werden könnten.

Castorbehälter im Verladekran Dannenberg; Bild: publixviewing.de

Castorbehälter im Verladekran Dannenberg; Bild: publixviewing.de

Es geht um die stillgelegten Siedewasserreaktoren, die u.a. in Krümmel, Brunsbüttel, Isar oder Philippsburg stehen. Die Zulassung für spezielle Castorbehälter für die Lagerung und den Transport von Brennelementen verzögert sich weiter. Das räumte Ende Juli die Bundesregierung gegenüber der Grünen-Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl ein. Grund seien fehlende Antragsunterlagen der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), die den großen Stromkonzernen gehört. Eigentlich sollte das Verfahren seit Ende März abgeschlossen sein.

Ohne die Behälter ist ein schneller Rückbau der Meiler nicht möglich, denn für den Ausbau wichtiger Komponenten ist die Räumung der Brennelemnte aus dem Reaktorkern und dem Lagerbecken nötig. Lagern die hochradioaktiven Brennelemente weiter im Lagerbecken, müssen sie dort ständig gekühlt werden um die Nachzerfallswärme abzuführen. Das setzt ein funktionsfähiges Kühlsystem vorraus, inkl. aller nötigen Sicherheitseinrichtungen.

Im AKW Obrigheim wird seit Ende 2007 der Rückbau praktiziert – allerdings ohne die Brennelemente vorher aus dem Reaktorlagerbecken zu räumen. Grund ist, dass es – anders als bei anderen AKW-Standorten – kein Zwischenlager auf dem Gelände gibt. Nun soll ein Abtransport mit dem Schiff in das nahegelegene AKW Neckarwestheim erfolgen. Laut SPIEGEL gehen manche Betreiber heute davon aus, dass erst ab 2020 die Brennelemente aus den stillgelegten Meilern entfernt werden.

Atomkraftgegner kritisieren die Rückbau-Praxis. Mit dem Verbleib der hochradioaktiven Brennelemente bleibt auch das Risiko von schweren Unfällen weiter bestehen. Ein gezielter Terroranschlag etwa könnte zur Unterbrechung der Kühlung mit möglicher Kernschmelze im Lagerbecken führen. Wird das Reaktorgebäude zerstört, werden dann enorme Radioaktivitätsmengen freigesetzt.

„Eine Überführung der Brennelemente in einen Castorbehälter und der Abtransport in ein Zwischenlager am Kraftwerksstandort senkt das Risiko schwerer Störfälle im Reaktor und ermöglicht einen sichereren Rückbau“, so Jan Becker von contrAtom.

  • 30 Mal Tschernobyl im AKW Isar 1: Fukushima ist überall, auch in Ohu
    10. März 2012 – Ein Jahr nach der verheerenden Atomkatastrophe in Fukushima werden die stark strahlenden Brennelemente im Atomkraftwerk Isar 1 in derselben unverantwortlichen Weise gelagert wie im Block 4 des Atomkomplexes Fukushima. Das Abklingbecken in Isar 1 ist prall gefüllt und nicht ausreichend gegen Flugzeugabstürze oder gar Terroranschläge geschützt. Der Unfallverlauf in Fukushima hat gezeigt, dass die Lagerung in den Abklingbecken schon bei einem Versagen der Stromversorgung unbeherrschbar wird.
  • Risiko: Brennelemente in Abklingbecken
    17. April 2011 – Grundsätzlich müssen alle verbrauchten Brennelemente nach dem Ausbau aus dem Reaktorkern für mindestens ein Jahr unter Wasser mit aktiver Kühlung lagern, um ihre Temperatur auf höchstens 400 Grad zu senken. Diese erste Zwischenlagerung erfolgt direkt am Reaktor in Abklingbecken, die mit borhaltigem Wasser gefüllt sind. Je nach Reaktortyp sind diese Nasslager stärker oder weniger stark gesichert.

Quelle (Auszug): spiegel.de, 27.7.2014