Deutscher Strommix: Erneuerbare Energien erstmals vorn – Atomkonzerne in der Krise
Trotz herber Rückschläge wie die Zusage von staatlichen Subventionen für neue Atomkraftwerke gewinnt die Energiewende in Deutschland immer mehr an Fahrt: Erstmals liegen die Ökoenergien im Strommix ganz vorn. Die großen AKW-Konzerne befinden sich hingegen in der Krise.
Der Chef des französischen Atomkonzerns EDF, Henri Proglio, hat den deutschen Energiemarkt als „Desaster“ bezeichnet. Die zwei seiner Meinung nach „wichtigsten Unternehmen“, RWE und Eon, seien unter „riesigem Druck“. Eines der Unternehmen sei „mehr oder weniger tot, das andere ist in einer sehr schwierigen Situation“. Hintergrund ist die deutsche Abkehr „vom gewinnträchtigen Atomstrom hin zu Ökostrom mit weniger großen Gewinnaussichten“ für die großen Konzerne.
Für die Stromproduktion in Deutschland sind erneuerbare Energien nämlich zur wichtigsten Quelle geworden. Der Anteil von Wind-, Sonnen-, Wasser- und Bioenergie betrug in den ersten neun Monaten dieses Jahres 27,7 Prozent, berichtet das Expertengremium „Agora Energiewende“. Damit liegen sie erstmals an der Spitze des Strommix. Braunkohle folgt mit 26,3%, Atomkraft liegt immer noch bei 16%. Mit der Stilllegung des AKW Grafenrheinfeld Mitte kommenden Jahres wird dieser Anteil weiter sinken. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, den Ökostrom-Anteil bis 2020 auf mindestens 35 Prozent zu steigern.
Atomkraftgegner sehen die Entwicklung sehr positiv: Trotz zahlreicher Hemmschwellen wie die Abschaffung von Vergütungen und Förderungen lässt sich die Energiewende in Deutschland nicht bremsen. Wir sind in Europa ein Vorzeigeland für den Wandel geworden, an dem sich Frankreich mit seiner großen Abhängigkeit zur geföählichen Atomenergie ein Beispiel nehmen sollte.
„Auf Atomkonzerne die jahrzehntelang Milliardengewinne eingestrichen haben und nun in Zeiten der Veränderung stöhnen darf keine Rücksicht genommen werden“, so Jan Becker von contrAtom. „Denn sie hinterlassen den Folgegenerationen einen riesigen Atommüllberg, für den es keine Entsorgungslösung und schon heute absehbare Finanzierungsengpässe gibt. Es ist ein Armutszeugnis, dass sich die Bundesregierung und die Vertreter im EU-Parlament – besonders Frau Merkel, Herr Gabriel und Herr Oettinger – nicht stärker für die Energiewende in Europa einsetzen. Sondern staatlichen Subventionen für den Neubau des AKW Hinkley Point in England zustimmen.“
- Megaskandal: EU-Kommission genehmigt Subventionen für britisches Atomkraftwerk
8. Oktober 2014 – Ohne staatliche Beihilfe kommt Atomkraft nicht aus, und in England geht es aktuell um vermutlich 19 Milliarden Euro für den Bau eines neuen Meilers. Heute hat die EU-Kommission entgegen aller Kritik und Zweifel ihre Zustimmung gegeben, dass England den künftigen Betreiber und französischen Stromkonzern EDF mit Steuergeldern unterstützen darf. Atomkraftgegner nennen die Genehmigung “klar illegal” und einen “Kniefall vor der Atomlobby”.
Quellen (Auszug): dpa, 9.10.2014