Atomausstieg: Vattenfall will 4,7 Milliarden Euro für die Stilllegung seiner Schrottmeiler

Die Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel standen schon jahrelang still, als die Bundesregierung 2011 im Zusammenhang mit dem Super-GAU von Fukushima beschloss, die Betriebserlaubnis zu entziehen. Vattenfall will nun 4,7 Milliarden Euro Schadensersatz.

"Atomausstieg jetzt!" - Protestaktion bei Vattenfall am 09.07.2009

"Atomausstieg jetzt!" - Protestaktion bei Vattenfall am 09.07.2009

Das AKW Brunsbüttel war im Juli 2007 nach einem Kurzschluss abgeschaltet worden. Zahlreiche weitere Mängel und die Debatte um die Sicherheit des alten Kraftwerks, dass die Störfallliste in Deutschland bis dahin anführte, sorgten für den Langzeitstillstand bis 2011. Das AKW Krümmel war am 28. Juni 2007 wegen eines Transformatorbrands abgeschaltet worden. Im Juni 2009 ging es nach umfangreicher Reparatur wieder ans Netz. Nach weiteren Zwischenfällen innerhalb von zwei Wochen nach Wiederanfahren kam es am 4. Juli 2009 zu einer Reaktorschnellabschaltung aufgrund einer neuen Störung in einem der Maschinentransformatores. Bis 2011 ging Krümmel auch nicht wieder ans Netz. Nach Beginn der Nuklearkatastrophe von Fukushima wurde am 15. März 2011 von der amtierenden deutschen Bundesregierung ein dreimonatigen „Atommoratorium“ verhängt, an dessen Ende die Stilllegung von Krümmel und Brunsbüttel beschlossen war.

Im Gegensatz zu den Atomkonzernen EON und RWE hat Vattenfall als schwedischer Staatskonzern Deutschland vor dem internationalen Schiedsgericht in Washington verklagt. Im Dezember 2012 bezifferte eine schwedische Zeitung die Höhe der Forderung auf 3,5 Milliarden Euro.

Doch die Forderungen sind weit höher als bisher von Experten angenommen. Vattenfall fordert von Deutschland 4,7 Milliarden Euro als Entschädigung für die Stilllegung seiner Atomkraftwerke. Dies habe Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Bundestags gesagt, teilte die Linken-Fraktion in Berlin mit.

„Die Vattenfall-Klage zeigt erneut, dass Freihandelsabkommen mit weitreichendem Investorenschutz nicht zu akzeptieren sind. Die TTIP-Verhandlungen müssten gestoppt werden“, so Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst mit Verweis auf die aktuelle Debatte um das Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP).

Unter Kritikern war damals schon diskutiert worden, ob sich eine Reparatur der alten Anlagen überhaupt rechne. Forderungen in Milliardenhöhe sind nicht gerechtfertigt:

„Vielmehr muss Vattenfall der deutschen Bevölkerung für die jahrtausende strahlenden Abfälle, für die es keine Lösung gibt, Schadensersatz in Milliardenhöhe entrichten“, so Jan Becker von contrAtom. „Vattenfall hat seinen Stromkunden in Hamburg und Berlin nun den letzten Grund geliefert, dem Konzern endgültig die Rote Karte zu zeigen und sich einen anderen Stromlieferanten zu suchen. Vattenfall bekommt nun die Quittung für solch unverschämtes Handeln.“

  • E.ON will 250 Millionen Euro Schadensersatz für AKW-Abschaltung
    16. April 2014 – Der Energiekonzern E.ON will für die zwangsweise Abschaltung seiner Atomkraftwerke Unterweser und Isar-1 nach dem GAU von Fukushima etwa 250 Millionen Euro vom Staat kassieren. Atomkraftgegner weisen diese Forderung zurück. Der Konzern müsse vielmehr für den produzierten Atommüll zahlen.
  • Vattenfall hat ‘nen Knall: 3,5 Milliarden Euro Schadensersatz für den Atomausstieg
    22. Dezember 2012 – Der schwedische Energiekonzern Vattenfall verlangt laut einem Zeitungsbericht 3,5 Milliarden Euro Schadenersatz für den deutschen Atomausstieg. Nach dem GAU von Fukushima verlor der Konzern die Betriebsgenehmigungen für die Pannenmeiler Krümmel und Brunsbüttel. Atomkraftgegner fordern die Stormkunden des Konzerns auf, zu einem anderen Anbieter zu wechseln.
  • Auch Vattenfall klagt gegen Atomausstieg
    13. Juli 2012 – Nach Eon und RWE kämpft auch der Energiekonzern Vattenfall mit einer Verfassungsbeschwerde um eine Entschädigung für den Atomausstieg. Atomkraftgegner weisen Forderungen an den Steuerzahler zurück, schließlich waren die AKW Brunsbüttel und Krümmel jahrelang vom Netz, eine Wiederinbetriebnahme ungewiss und heftig umstritten.
  • AKW-Betreiber fordern 15 Milliarden für Atomausstieg
    13. Juni 2012 – Wegen des Atomausstiegs fordern Energieversorger wie Eon und RWE 15 Milliarden Euro Schadenersatz von der Bundesregierung. Atomkraftgegner verlangen im Gegenzug die Übernahme sämtlicher Entsorgungskosten durch die Konzerne – deren Höhe nicht mal abzuschätzen ist. Die Konzerne haben Schadensersatz an die Bevölkerung zu zahlen – nicht umgekehrt!

Quellen (Auszug): ndr.de, huffingtonpost.de; 14./15.102.2014