Atomkraftwerk Grohnde
Bild: Jan Becker
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Bild: publixviewing.de
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Atomkraftwerk in Niedersachsen, das noch bis zum 31. Dezember 2021 in Betrieb bleiben darf. Während der Bauphase kam es zu heftigen Protesten gegen das Projekt. Für die Lagerung der verbrauchten Brennelemente befindet sich ein Zwischenlager neben dem AKW.
Das Atomkraftwerk Grohnde (KWG) befindet sich an der Weser in der Einheitsgemeinde Emmerthal, Landkreis Hameln-Pyrmont im Bundesland Niedersachsen, etwa 8 km südöstlich von Hameln und etwa 40 km südwestlich von Hannover.
Am Standort befinden sich ein Druckwasserreaktor sowie das „Zwischenlager-Kernkraftwerk Grohnde“ (ZL-KWG) für verbrauchte Brennstäbe in Transport- und Lagerbehältern vom Typ CASTOR. Markant und schon von Weitem zu sehen sind die zwei Naturzug-Nasskühltürme mit einer Höhe von fast 140 Metern.
Technik
Atomkraftwerk Grohnde
- Reaktortyp: Druckwasserreaktor der 3. Generation (Vor-Konvoi-Anlage)
- Hersteller: Siemens KWU
- Leistung: 1.360 MW (netto) / 1.450 MW (brutto) / 3.900 MW (thermisch)
- Baubeginn: 01.06.1976
- Inbetriebnahme: 05.09.1984
- Kommerzieller Betrieb: 01.02.1985
- Abschaltung: 2021 (nach Atomkonsens von 2011)
- Betreiber: Gemeinschaftskernkraftswerk Grohnde GmbH
- Eigentümer: E.ON Kernkraft (83,3%), Stadtwerke Bielefeld (16,7%)
- Brennstoff: 193 UO2-Brennelemente mit einer Anreicherung bis zu 4 % U-235 sowie MOX-Brennelemente.
- Sog. „Vier-Loop-Anlage“: Vier Dampferzeuger in denen die Wärme aus dem Primärkreislauf in den Sekundärkreislauf übergeben wird.
- Kühlung: Das Kraftwerk verfügt über zwei baugleiche Naturzugkühltürme mit einer Schalenhöhe von 137,14 m. Die Kühltürme wurden bereits 1982 errichtet. Kühlwasser bezieht der Reaktor aus der angrenzenden Weser.
Standortzwischenlager
- Zwischenlager mit 100 Stellplätzen für Transportbehälter vom Typ Castor V/19
- Genehmigtes Schwermetallgewicht 1.000 Tonnen
- Inbetriebnahme am 17. April 2006
Betriebsablauf
2015
- 6.-24.10. – Reaktor für Brennelementetausch und Wartungsarbeiten vom Netz. 20 neue Brennelemente wurden in den Reaktorkern eingesetzt. Während des Stillstands sei an einem Notstromdiesel festgestellt worden, dass einer der beiden Kühlwasserregler schwergängig war.
- 10.4.-3.5. – Reaktor für Revision mit Brennelementewechsel vom Netz. U.a. wurden 20 neue Brennelemente in den Reaktorkern eingesetzt, 72 Drosselkörper getauscht, so dass nunmehr alle 132 Drosselkörper gegen neue ersetzt sind.
2014
- 09.-13.12.2014 – Reaktor wegen defekter Armatur im Dampfsystems der Turbine vom Netz.
- 25.4.-21.6.2014 – Reaktor für 30. Revision mit Brennelementewechsel und Wartungsarbeiten vom Netz. Auch MOX-BE wurden eingesetzt. Ein defekter Generator wurde getauscht.
2013
- 06.04.-14.05.2013 – Reaktor für Revision mit Brennelementewechsel und Wartungsarbeiten vom Netz. Auch acht MOX-BE sollen eingesetzt werden.
2012
- 05.-23.04.2012 – Reaktor zur 14tägigen Revision mit Brennelementewechsel und Wartungsarbeiten vom Netz.
2011
- 18.11.-05.12. – Reaktor für Revision mit Brennelementewechsel und Wartungsarbeiten vom Netz.
- 02.05.-15.06. – Reaktor für Revision vom Netz.
2010
- 06.04. – 26.04.10 Reaktor für Revision mit Brennelementewechsel vom Netz
Kritik
- Störfälle seit Betriebsbeginn: 245 (Stand 02/2016)
Im Durchschnitt fast 8 Störfälle im Jahr, das ist Fakt im Atomkraftwerk Grohnde. Damit liegt das AKW in der Störfallstatistik nur kurz hinter dem AKW Philippsburg-2.
Wichtige Störfälle:
- Eine Woche nach der Einweihung fiel die Kühlung eines Hauptkabels im Generatorteil aus, der Reaktor mußte abgeschaltet und für 10.000.000 DM repariert werden. Wenige Tage später legte ein kleines Gewitter den Reaktor erneut lahm.
- nach der Inbetriebnahme 1984 waren bis Anfang 1986 bereits sieben Notabschaltungen erforderlich wegen Pumpenausfällen, Defekten an der Spannungsversorgung und dem Ausfall einer elektronischen Baugruppe.
- Im Jahre 1985 fiel bei einer Revision auf, dass das Hochdruck-Notkühlsystem nicht funktionsfähig war, weil eine der vier Pumpen Gas statt Wasser enthielt. Auch die anderen drei Pumpen enthielten in ihren Zuleitungen eine unzulässige Menge an Gasen. Ein Leck im Primärkühlkreislauf hätte somit zur Kernschmelze führen können.
- 1989 gehen Quetschmuttern am Fuß von Brennelementen verloren.
- 1990 werden Defekte an Zentrierstiften von Brennelementen festgestellt.
- 1993 werden elektronische Baugruppen in der Sicherheitstechnik falsch eingebaut.
- 1996 kam es zum fehlerhaften Öffnen des Druckhalter-Abblaseventils am Primärkreislauf. Grund war eine fehlerhafte Bedienung. Der Vorfall wurde in INES-Stufe 1 eingestuft.
- 2004 – Es sprang die Abgabe radioaktiver Edelgase gegenüber früheren Jahren sprunghaft auf das 25-fache an. Als Erklärung kommen undichte Hüllrohre von Brennelementen in Frage, obwohl keine derartigen Ereignisse gemeldet wurden.
- Im Juli 2004 kam es wegen verschiedener Störungen gleich dreimal zur Schnellabschaltung des Reaktors
- Im Juli 2005 kam es durch eine Störung zu einer Abschaltung mehrerer Komponenten. Durch das weitere Öffnen der Mindestmengenventile der Speisewasserpumpen wurde eine Unterspeisungstransiente ausgelöst, die zur Folge hatte, dass der 2005 fiel nach einer Reihe von Defekten der Dampferzeugerfüllstand unter 8,5 Meter und es kam zu einer Turbinen- und Reaktorschnellabschaltung. Zehn Tage später kam es erneut zu einer Reaktorschnellabschaltung.
- Am 24. Juli 2005 kam es um 9:16 Uhr zu einer Turbinenregelstörung, was einen Lastabwurf von 240 MW verursachte. Dies führte zu einer Reaktorschnellabschaltung.
- Mai 2011 – Erhöhte Radioaktivität, wahrscheinlich durch einen Brennelementeschäden. Ein ähnlicher Schaden an einem Brennelement habe erst vor wenigen Tagen im AKW Tsuruga (Japan) zu einer Kraftwerksabschaltung geführt, um Schäden oder Freisetzungen von Radioaktivität zu vermeiden.
Weitere Kritikpunkte sind der Einsatz von Plutonium-Brennelementen (MOX), die um ein Vielfaches gefährlicher sind als herkömmliche Uranbrennstäbe. Atomkraftgegner aus der Region führen weiter an, dass der beim Bau verwendete Stahl nicht geeignet gewesen sei.
Im sogenannten Stresstest der EU Kommission von 2011/2012 wird dem AKW zu wenig Vorsorge bei Erdbeben testiert. Die Kommission sieht Nachrüstungsbedarf bei Instrumenten, um eventuelle Erdbeben anzukündigen.
Chronik
1973
- 3. Dezember 1973 – Bauantrag beim niedersächsischen Sozialministerium
1974
- Sommer 1974 – Gegen den Bauantrag reichten über 12.000 Menschen Einsprüche ein.
- 3./4. Oktober 1974 – Erörterungstermin, ca. 1.000 Menschen beteiligen sich.
1975
- 1975 wurde die „Gemeinschaftskraftwerk Grohnde GmbH“ gegründet, die zu 50 % der E.ON-Vorgängerin PreussenElektra AG und zu 50 % der Gemeinschaftskraftwerk Weser GmbH gehörte. An der Gemeinschaftskraftwerk Weser GmbH waren wiederum die Stadtwerke Bielefeld, die Elektrizitätswerk Minden-Ravensberg (EMR) und die Elektrizitätswerke Wesertal GmbH zu je 33,3 % beteiligt. An der Elektrizitätswerke Wesertal GmbH waren wiederum die Landkreise Hameln-Pyrmont, Holzminden, Schaumburg und Lippe beteiligt.
1976
- 8. Juni 1976 – erste Teilerrichtungsgenehmigung durch niedersächsisches Sozialministerium
- 11. Dezember – In Hameln findet eine Demonstration mit über 1 000 Menschen statt, die sich gegen den Bau des AKW in richtete
1977
- 19. Februar – ca. 1 500 vorwiegend niedersächsische AKW-Gegner demonstrieren am Bauplatz Grohnde und besetzen diesen.
- 05. März 1977 – In Kirchohsen beschließen ca. 50 niedersächsische BI’s die Kundgebung am 19. März am Bauplatz des AKW Grohnde
- 19. März 1977 – „Schlacht um Grohnde“: Vor dem Bauplatz des Atomkraftwerkes entwickelt sich die bis dahin militanteste Großaktion der Anti-Atomkraft-Bewegung. Mehr als 20.000 Demonstranten, die meisten mit Helmen und Werkzeugen ausgerüstet, wollen mit Gewalt die Bauplatz des Atomkraftwerkes besetzen. Sie haben die Polizeisperren durchbrochen und liefern sich mit mehr als 5.000 Polizisten und Bundesgrenzschützern härteste Auseinandersetzungen. Obwohl der Bauzaun an mehreren Stellen mit Schweißbrennern, Bolzenschneidern und Tauen eingerissen wird, klappt die geplante Besetzung des Baugeländes nicht. In einer stundenlangen Schlacht mit hunderte Verletzte werden die Atomkraftgegner von der Polizei zurückgedrängt.
- 23. August 1977 – 1.500 Polizisten räumen das Anti-Akw-Dorf auf dem geplanten Kühlturmgelände, das im Juli besetzt wurde, mit 200 Atomkraftgegnern und zerstören die über 20 Hütten, Sonnenkollektoren, ein Windrad, ein Backofen sowie den Stall für das Dorfschwein “Genscher”.
- Die Wählergemeinschaft gegen Atomanlagen (WGA) wird gegründet und erhält als erste grünalternative Wählervereinigung einen Sitz bei Kommunalwahlen
1978
- 10. Juni – 4.000 Menschen protestieren in Hannover gegen die Grohnde-Prozesse.
- 21. November 1978 – Vor dem Landgericht in Hannover enden die Grohnde-Prozesse. Als letztes wird ein Atomkraftgegner zu 13 Monate Haft verurteilt, ein 2. erhält einen Freispruch. Von den insgesamt 11 angeklagten Atomkraftgegnern werden 8 zu Haftstrafen verurteilt, 3 werden freigesprochen.
1980
- 14. März 1980 – Das Verwaltungsgericht in Hannover entscheidet, dass die Räumung des Anti-Atom-Dorfes Grohnde im Juni 1977 rechtswidrig war. Die Atomkraftgegner hatten keine Möglichkeit, Rechtsmittel gegen die Räumungsverfügung einzuleiten.
1982
- 1982 – Die beiden Kühltürme werden errichtet.
1983
- 14. März 1983 – Der Student Claus Berlage besetzt aus Protest gegen den Bau des Atomkraftwerkes einen Strommasten. Berlage hält 5 Tage auf dem Strommasten aus. Die Preussen Elektra schickt ihm eine Schadensersatzforderung über 39.636,34 DM, will sich aber vorerst mit einer Abschlagzahlung von 24.000 DM zufrieden geben. Später fordert die Bezirksregierung noch kanpp 10.000 DM von Berlage.
1984
- 1. September 1984 – Der Reaktor wird im Betriebsanlauf erstmals kritisch.
1985
- 1. Februar 1985 – Der kommerzielle Leistungsbetrieb nach dem Atomgesetz beginnt.
1997
- „Spitzenproduktionsjahr“: Im Kalenderjahr 1997 erzielte das AKW mit einer Bruttostromerzeugung von 12.528.660 MWh einen bis dahin weltweit nicht erreichten Spitzenwert.
2000
- PreussenElektra und Bayernwerk AG fusionieren zur E.ON Energie.
2001
- Im Sommer 2001 kam über Indymedia der Bericht eines ehemaligen Mitarbeiters der Qualitätssicherung an die Öffentlichkeit, nach denen diverse Qualitätsprüfungen – etwa an Schweißnähten beim Reaktorbau – mit echten Prüfstempeln vom TÜV oder abgeänderten Prüfprotokollen gefälscht wurden.
2002
- 20.12.2002, Standortzwischenlager – Genehmigung des Bundesamt für Strahlenschutz für die Einlagerung von maximal 1.000 Tonnen Schwermetall, einer Aktivität von 5,5*10^19 Bq und einer Wärmeleistung von 3,75 MW.
2003
- Februar 2003 – E.ON Energie AG übernimmt mit 83,3 % und die Stadtwerke Bielefeld mit 16,7 % die Betreibergesellschaft „Gemeinschaftskernkraftwerk Grohnde GmbH & Co. oHG“
2006
- 27.04.06 – Inbetriebnahme Standortzwischenlager
- 13.05. – 01.06. – Reaktor für Jahresrevision vom Netz.
2007
- 2007 – E.ON beantragt beim Umweltministerium eine Leistungserhöhung des Kraftwerkes
- 08.05. – 29.05. – Reaktor für Jahresrevision vom Netz.
- Juli 2007 – Um die deutschen Atomkraftwerke gegen den Angriff mit einem Flugzeug zu schützen, sollen Nebelwerfer installiert werden, die im Notfall das AKW in dichte Schwaden hüllen sollen. Im Juli 2007 wurde im AKW Grohnde die erste derartige Anlage bundesweit in Betrieb genommen.
2008
- 10.05. – 09.06. – Reaktor für Jahresrevision vom Netz.
2009
- 09.05. – 29.05. – Reaktor für Jahresrevision vom Netz. Inbetriebnahme war für den 23.05. geplant.
2010
- 06.04. – 26.04.- Reaktor für Jahresrevision vom Netz.
2011
- 15. Januar 2011 – Proteste und Blockaden von mehreren hundert Menschen gegen die Lieferung von MOX-Brennelementen aus der britischen WAA Sellafield.
- Ostermontag 2011 – Aus Anlass des 25. Jahrestages der Katastrophe von Tschernobyl protestieren bis zu 20.000 Menschen gegen den Weiterbetrieb vom Grohnde. Sie umzingelten den 2200 Meter langen Zaun um das Atomkraftwerk.
- 02.05. – 15.06. – Reaktor für 27. Jahresrevision vom Netz.
- 18.11. – 05.12. – Reaktor erneut für Revision vom Netz.
- Im Jahr 2011 gab es zahlreiche Berichte, wie mittels Leiharbeitern die Revisionsarbeiten unter widrigen Umständen und völlig unterbezahlt durchgeführt werden.
- Das 2011 novellierte Atomgesetz legt fest, dass das Kernkraftwerk Grohnde am 31. Dezember 2021 seine Betriebsgenehmigung verliert, also abgeschaltet werden muss.
2012
- März – Zum zweiten Jahrestag der Nuklearkatastrophe von Fukushima bilden 20.000 Menschen eine Aktionskette in einem Ring von 40 bis 60 km um das AKW Grohnde und zeigen damit das Ausmaß von möglichen Evakuierungen durch einen schweren Unfall.
- 05.04. – 23.04. – Reaktor für 28. Jahresrevision vom Netz.
2013
- 06.04. – 14.05. – Reaktor für 29. Jahresrevision vom Netz
- 13. Mai 2013 – Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) erteilt mit der Zustimmung zum Wiederanfahren auch die Zustimmung für den Einsatz von MOX-Brennelementen.
2014
- 25.4. – 21.6. – Reaktor für 30. Jahresrevision vom Netz: Das AKW wurde zur jährlichen Revision heruntergefahren. Bei den wiederkehrenden Prüfungen wurde neben einem Defekt an einem Generator auch Schäden an den Niederhaltefedern der Drosselkörpern entdeckt.
2015
- 26. März 2015 – Anwohner aus Grohnde und Bodenwerder beauftragen den Niedersächsischen Umweltminister, dem umstrittenen Atomkraftwerk Grohnde die Betriebsgenehmigung zu entziehen – und kündigen Klage an.
- 10.4. – 03.05. – Reaktor für 31. Jahresrevision vom Netz.
- Oktober 2015 – NMU lehnt Antrag auf Stilllegung ab, unmittelbar danach reichen die Kläger die Klage ein. Im Fokus der Kritik: Die Gefahr von Terrorangriffen und Flugzeugabstürzen.
Standort-Nachrichten
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Störfall-Ticker
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weitere Informationen / Links:
- Grohnde Kampagne
- Anti-Atom-Plenum Weserbergland
- 2012: Klage gegen Weiterbetrieb – www.rechtshilfe-atomerbe-grohnde.de
- Chronik des AKW Grohnde 1977 – 1981, Schwerpunkt Grohnde Prozesse
- E.ON Kernkraft: Pressemitteilungen zu Ereignissen
- Umgebungsüberwachung der AKW des Landes Niedersachsen
Koordinaten
52.034972
9.409876