Todeszone Atomkraftwerk
Der Umkreis von 20 Kilometer um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima wird über Jahrzehnte Sperrgebiet bleiben. Weil es zur Überschreitung von internationalen Grenzwerten käme, dürften die Menschen in diesem Gebiet ihre Heimat für lange Zeit nicht mehr betreten. In Deutschand planen die Behörden bei einem schweren Unfall einen Umkreis von 10 Kilometern zu räumen. „Diese irreale Katastrophenplanung muss endlich ein Ende haben – und das Eingeständis folgen, dass ein effektiver Bevölkerungsschutz bei einem GAU nicht möglich ist“ fordern Atomkraftgegner.
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„Wir können nicht ausschließen, dass es einige Gegenden geben könnte, wo es für die Bewohner für lange Zeit schwer sein dürfte, in ihre Häuser zurückzukehren“, sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Montag.
Das Wissenschaftsministerium erwartet für die Bevölkerung an 15 von 50 Messpunkten im 20-Kilometer-Umkreis insgesamt eine Strahlenbelastung von über 100 Millisievert pro Jahr, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Damit würden die internationalen Grenzwerte überschritten.
Am 11.03., dem Tag an dem die Havarie begann, wurden erst die Menschen im Umkreis von 10km aufgefordert in ihren Häusern zu bleiben. Am 12.03. wurden in der Nähe zum AKW Fukushima 1.015 Mikrosievert pro Stunde gemessen. Diese Strahlendosis ist doppelt so hoch wie der Grenzwert, bei dem die Betreiber von Atomkraftwerken den Notfall erklären und die Regierung informieren müssen. Tage später wurden die Menschen im Umkreis von 20 km evakuiert. Im Umkreis von 20 – 30 km sollte man in Gebäuden bleiben. Am 15.03. wurde die Evakuierungszone auf 30 km Radius ausgeweitet. Am 30.03. empfiehlt selbst die Internationale Atomenergieagentur, einen Ort in 40km Entfernung zu evakuieren. Bereits am 19.04. wurde über das langfristige Schließen der Todeszone diskutiert. Am 21.04. erklärte die Regierung die Zone zum Sperrgebiet. Seitdem ist ein Betreten nur mit staatlicher Genehmigung und Strahlenschutzkleidung erlaubt. 77.000 Menschen haben nun offiziell ihre Heimat verloren.
- Immer wieder wird zum Beispiel von Greenpeace die Ausweitung der Evakuierungszonen gefordert: Derzeit treten laut Betreiber TEPCO aus den Reaktoren 1, 2 und 3 immernoch maximal 200 Millionen Becquerel pro Stunde an radioaktiven Substanzen aus. Vor gut einem Monat waren es noch 1 Milliarde Becquerel. Die Stadt Fukushima mit fast 300.000 Einwohnern liegt 60km vom Atomkraftwerk entfernt, Iwaki mit einer Einwohnerzahl von 340.000 Menschen nur 43km.
Vor mehr als 25 Jahren ist das Atomkraftwerk Tschernobyl explodiert. Damals wurde ein 30-Kilometer-Sperrgebiet um das AKW eingerichtet, fast 200.000 Einwohner wurden im Mai 1986 auf der ukrainischen Seite aus dem radioaktiv verseuchten Gebiet zwangsevakuiert. Doch an den Strahlenfolgen gestorben oder krank geworden sind weitaus mehr.
Die meisten der 211 Atomkraftwerke weltweit stehen nach einer Studie von April 2011 in dichter besiedelten Gebieten als der havarierte japanische Meiler Fukushima. Nach Berechnungen des britischen Fachblatts “Nature” und der New Yorker Columbia Universität leben weltweit mehr als 90 Millionen Menschen in weniger als 30 Kilometern Entfernung vom nächsten Atomkraftwerk.
Bei 21 Kernkraftwerken in Asien, Nordamerika, Deutschland, Großbritannien, Belgien und der Schweiz lebt laut den Berechnungen mindestens eine Million Menschen im Umkreis von 30 Kilometern, in sechs Fällen sind es sogar mehr als drei Millionen Menschen.
Ein Beispiel in Deutschland verdeutlicht den Wahnsinn: das AKW Neckarwestheim-2 soll noch bis 2022 laufen und als einer der letzten Reaktoren stillgelegt werden. Die Stadt Heilbronn mit 120.000 Einwohner befindet sich etwa 10km, die Landeshauptstadt Stuttgart 30km entfernt. In der Region leben 2,7 Millionen Menschen. Bei einem schweren Atomunfall werden gemäß der Katastrophenschutzplanungen in Deutschland die Menschen in einem Umkreis von 10 Kilometern evakuiert, worauf sich alle zuständigen Stellen in geheimen Unterlagen angeblich vorbereitet haben. Weitreicherndere Kapazitäten, die etwa die Evakuierung von einer Millionenstadt möglich machen könnten, können gar nicht vorgehalten werden.
„Fukushima und Tschernobyl zeigen, dass diese Planungen der deutschen Behörden für einen Super-GAU absolut an der Realität vorbeigehen“, sagt Jan Becker von contrAtom. „Wir erwarten von den Behörden das Eingeständnis, dass ein effektiver Schutz der Bevölkerung gegen einen Super-GAU vor allem nach den Erfahrungen von Fukushima nicht möglich ist.“
§ 1 des Strahlenschutzvorsorgegesetz besagt, dass „die Strahlenexposition der Menschen und die radioaktive Kontamination der Umwelt im Falle von Ereignissen mit möglichen nicht unerheblichen radiologischen Auswirkungen unter Beachtung des Standes der Wissenschaft und unter Berücksichtigung aller Umstände durch angemessene Maßnahmen so gering wie möglich zu halten“ ist.
- Wegen völlig unrealistischer Annahmen bei einem Super-GAU liegt hier ein klarer Verstoss gegen dieses Gesetz vor. Können die AKW-Betreiber eine Gefährdung der Bevölkerung nicht mehr ausschließen, verstossen sie gegen die Betriebsgenehmigungen der Anlagen.
„Bevor die zuständigen Behörden wegen mangelhafter Vorkehrungen für einen Atomunfall die Grenzwerte für Radioaktivitt hochsetzen muss – wie in Japan geschehen – und ihre eigene Bevölkerung schutzlos der Strahlung aussetzen, sollten die verbleibenden Atomkraftwerke abgeschaltet werden!“, so Becker.
Wir fordern die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen!
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Quellen (Auszug): dpa, spiegel.de; 23.08.2011