Castor: Presse-Akkreditierung = Meinungsmache?
Nur wenn die Polizei vorher den Namen gegoogelt hat, darf ein Journalist über den Castor berichten. Sonst drohen ihm Wartezeiten und mögliche Probleme bei Durchlasskontrollen. Atomkraftgegner kritisieren diese undemokratische Vorgehen, und befürchten ein Aussortieren von kritischen Journalisten. Bereits im letzen Jahr kam es zur Behinderung von Berichterstattung trotz Akkreditierung.
Da es in Deutschland keine gesetzliche Regelung über die Ausstellung von Presseausweisen gibt, und man Presseausweise auch „kaufen“ könne, habe sich die Polizeiführung zu der Massnahme entschieden, gesonderte Ausweise auszustellen. Diese Akkreditierung ist freiwillig und kostenlos. Der ausgestellte Ausweis bietet den Vorteil, „von den Einsatzbeamten vor Ort ohne weiter gehende Überprüfungen als Medienvertreter erkannt zu werden und somit, abhängig von der jeweiligen Einsatzlage, spezielle Medienrechte in Anspruch nehmen zu können“. Als Beispiel nennt die Polizei in einer Pressemitteilung den Durchlass zu Einsatzorten. Ohne den Ausweis ist auch eine Teilnahme an Pressekonferenzen der Polizei in Räumlichkeiten der Polizei nicht möglich. Laut Polizei schafft die Akkreditierung „hier eine Verfahrenserleichterung für alle Beteiligten“. Zwar akzeptiere man im Einsatzgebiet des Castors auch reguläre Presseausweise, der von der Polizei ausgestellte Ausweis ermögliche jedoch „volle Mobilität, ohne längere Wartezeiten an den Kontrollpunkten“.
- Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) kritisiert die Akkreditierungspraxis der Polizei: „Wir befürchten, dass Journalisten von BKA und Verfassungsschutz durchleuchtet werden, wenn sie bei der Polizei einen Akkreditierungsantrag stellen“, sagt DJV-Sprecher Hendrik Zörner.
Die Polizei gibt offen zu, dass die Vorlage eines Presseausweises für „Inhaber/-innen wenig gebräuchlicher Presseausweise“ nicht ausreiche, ggf. müssten „journalistische Arbeitsnachweise“ übersendet werden. Man werde die Journalisten, die einen Akkreditierungsantrag stellen zwar nicht durchleuchten, so eine Sprecherin der Polizeidirektion Lüneburg, „wir geben die jeweiligen Namen lediglich bei Google ein“.
Atomkraftgegner kritisieren diese Praxis und teilen die Befürchtungen des DJV: „Mit ihrer Datensammelwut macht die Polizei auch nicht vor der Presse halt“, so Jan Becker von contrAtom. „Im Vorfeld können so Journalisten, deren Berichterstattung der Polizei nicht ins Bild passt, aussortiert werden. Zudem ist es Willkür, einem anerkannten Ausweis die Legitimation zu nehmen. Das steht im absoluten Widerspruch zum Grundrecht der Pressefreiheit!“
Medienvertreter berichten zudem, dass es bei vergangenen Transporten trotz eines Polizei-Ausweises zu unverhältnismäßigen Behinderungen ihrer Arbeit gekommen sei. In bestimmten Situation grenze das Verhalten der Polizei gegenüber der Medien an Willkür. Zudem wurde der einfache Presseausweis an Kontrollpunkten gar nicht akzeptiert.
Quellen (Auszug): taz.de, PE Polizeidirektion Lüneburg; 10.11.2011