Niederlande: Reaktorbau verschoben

In den Niederlanden wird nun erstmal doch kein Atomkraftwerk gebaut. Um mindestens drei Jahre hat der Energiekonzern Delta die Pläne für einen neuen Reaktoren in Borssele verschoben. Grund sind desolate Finanzen, Atomkraftgegner sehen auch einen Erfolg von Protestaktionen gegen die Pläne.

AKW Borssele/Niederlande; Quelle: google streetview

AKW Borssele/Niederlande; Quelle: google streetview

AKW-Betreiber Delta gibt an, dass nicht die Proteste der Grund für diese Entscheidung gewesen seien, sondern die schlechte Marktstimmung. Die Überkapazität des vorhandenen Stromkraftwerks, die niedrigen Energiepreise auf dem Markt, Finanzkrise und hohe Investitionskosten würden es derzeit nicht erlauben, ein solches Projekt umzusetzen. Vorerst sei der Plan, am Standort Borssele einen zweiten Reaktorblock zu bauen um drei Jahre verschoben.

Bereits im Dezember hatten der deutsche Energiekonzern RWE und der französische Energieanbieter EDF angekündigt, nicht in neue Atomkraftwerke investieren zu wollen. Mitte 2011 hatte RWE noch eine mögliche Beteiligung am Neubau in Aussicht gestellt. Vor einigen Wochen hatte auch Polen, das den Bau eines ersten Atomkraftwerks plant, das Projekt wegen Finanzproblemen in Frage gestellt.

Gegen das Borssele-Projekt hatte es zahlreiche Proteste gegeben, zuletzt wurden sogar von deutschen Landesregierungen und Städten Einwendungen im Rahmen der grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung eingebracht. Neben dem BBU und zahlreichen Anti-Atom-Initiativen beteiligte sich auch contrAtom an den Protesten. Am 12. Januar war die Frist abgelaufen.

Daher verbuchen Atomkraftgegner die Verschiebung der AKW-Pläne als Erfolg:

„Umfassender, öffentlicher Druck schlägt sich auch auf die Finanzmärkt nieder. Nach Fukushima traut sich kaum eine Bank mehr Kredite für solche Projekte zu geben, denn die Ablehnung von AKW-Neubauten ist massiv. Das befördert dann zum Beispiel rechtliche Auseinandersetzungen, die solche Projekte noch teurer machen und verzögern. Atomenergie ist nicht mehr gesellschaftsfähig und durchsetzbar, das zeigen auch die Entscheidungen in Holland und Polen“, so Jan Becker von contrAtom. „Wir erwarten jetzt das Eingeständis und damit die Einstellung der Planungen – für immer!“

  • Einsprüche gegen neues AKW in Holland möglich
    5. Dezember 2011 – Im niederländischen Borssele soll ein neues Atomkraftwerk gebaut werden. Um den genauen Standort festzulegen, wird im Vorfeld eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, im Rahmen dieser Prüfung kann jeder Bürger und jede Bürgerin in Nordrhein-Westfalen bis zum 12. Januar 2012 gegen die Reakorpläne Stellung nehmen. Atomkraftgegner rufen dazu auf, Mustereinwendungen zu senden.
  • 50.000 Einwendungen gegen polnische Atomkraftwerke
    6. Januar 2012 – Gegen den geplanten Bau von Atomkraftwerken in Polen sind am Mittwoch der polnischen Botschaft in Berlin mehr als 50.000 Einsprüche von Bundesbürgern überreicht worden. Die Kritik richte sich in den meisten Fällen gegen den Einstieg Polens in die Atomenergie überhaupt und gegen die unzureichende Qualität der im Nachbarland durchgeführten Umweltprüfungsverfahren beim Bau von Atomkraftwerken.
  • Protest wirkt: Bulgarien verabschiedet sich vom AKW Belene
    6. Januar 2012 – Wie erfolgreicher Anti-Atom-Protest wirkt, sieht man in Bulgarien. In erdbebengefährdetem Gebiet sollten zwei Atomreaktoren gebaut werden. Projektbeginn war bereits 1987, mehrere deutsche Firmen waren beteiligt. Nun verabschiedet sich Bulgarien von den AKW-Plänen. Nun hoffentlich endgültig.
  • Kraftwerksprojekte gekippt
    19. Dezember 2011 – In Kanada und Indien sterben weitere AKW-Bauprojekte still. Polen zieht sich aus einem Bauvorhaben in Litauen zurück. Nach Fukushima hat die angebliche “Renaissance” einen kräftigen Dämpfer bekommen.
  • Reaktorbau in Rumänien und Slowakei stockt
    5. Mai 2011 – Nach der Kehrtwende in Deutschland und Reaktor-Planungsstopp in der Schweiz bekommt die angebliche “nukleare Renaissance” in Europa nun auch in Rumänien und der Slowakei einen kräftigen Dämpfer. Langjährige Verzögerungen bei beiden Projekten und Mangel an Investoren.

Quellen (Auszug): dpa, derwesten.de; 24.01.2012