Verantwortungslose Atommülllagerung: Fässer verrotten in Kavernen
Dass in der russischen Steppe Atommüll in Fässern langsam vor sich hinrottet, ist bekannt. Auch in der Asse wurde so ein Umweltkatastrophe provoziert. Nach den Entdeckungen im Kavernen-Lager im AKW Brunsbüttel und dem Fund von defekten Fässern in Neckarwestheim ist bekannt geworden, dass auch unter dem AKW Krümmel strahlende Fässer lagern. Ihr Zustand ist unbekannt. Der aktuelle Atommüllskandal reiht sich nahtlos an den verantwortungslosen Umgang mit den Stoffen in der Vergangenheit.
Atommüll ansich ist schon ein Skandal. Er ist eine hochgefährliche Hinterlassenschaft für zahlreiche Folgegenerationen, der perspektivlos in Zwischenlagern auf eine Idee wartet, was schlussendlich mit ihm geschehen soll. Mit jedem Reaktorbetriebstag wird der Müllberg größer.
Aber auch der Umgang mit den schon bestehenden Strahlenabfällen ist ein Skandal: Über die „Experimente“ in der Asse, wo nicht-rückholbare Lagerung getestet wurde, bis zur Versenkung von Atommüll in Ozeanen, an denen sich Deutschland Ende der 60er Jahre mindestens einmal beteiligte. Das ist aber Vergangenheit, ist als umweltzerstörend anerkannt und nicht mehr durchsetzbar. Doch nach der Entdeckung von durchgerosteten Fässern in einem Lager am Atomkraftwerk Brunsbüttel drängt sich der Verdacht auf, dass die Betreiber an Verantwortung nichts dazugelernt haben.
Die Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein war nicht etwa durch den Kraftwerkseigner Vattenfall informiert, sondern wegen einen besonders lang dokumentierten Umlagerungsprozess aufmerksam geworden: Die Außenhaut war verrottet, im gelben Deckel der Rollfässer klafften riesige Löcher. Ende Februar waren im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel verrostete Atommüllfässer ans Licht gekommen. Bundesweit wurden danach Untersuchungen in vergleichbaren Atommülllagerung angeordnet worden. Mit Erfolg: auch aus dem AKW Neckarwestheim musste Betreiber EnBW ein durchgerostetes Fass melden.
Auf Nachfrage bekundete das AKW Krümmel, ebenfalls knapp 200 Fässer mit schwach- und mittelaktiven Abfällen in zwei Kavernen, sieben Meter unter dem Kraftwerk zu lagern. Der Zustand der Behältern, in denen sich belastete Filterharze und Filterverdampferkonzentrate befinden, sei wegen der hohen Strahlung in den Räumen größtenteils unbekannt. Die Kavernen seien für den Aufenthalt von Menschen auch nicht ausgelegt. Insgesamt belaufe sich der Bestand an Atommüllfässern auf dem Gelände auf rund 1.200 – die ältesten stammen von 1984. Man wolle nun überprüfen, ob die Installation von Kameras eine Überprüfung ermögliche. Zu der Lagerung auf dem Gelände der AKW gibt es nach Ansicht der Betreiber keine Alternative. Denn was fehlt ist ein Endlager.
Nach Ansicht von Atomkraftgegnern reiht sich dieser Atommüllskandal nahtlos an den verantwortungslosen Umgang mit den gefährlichen Stoffen in der Vergangenheit: Schon 2000 war in der Landessammelstelle Geesthacht marode Atomfässer entdeckt worden. Ende der 80er Jahre war es zu einem deutschlandweit beachteten Skandal gekommen, als so genannte „Blähfässer“ in Gorleben gefunden wurden. Im Innern der Atommüllfässer war es zu Gasbildung und einem erhöhten Innendruck gekommen. Dadurch hätten die Fässer aufplatzen können. In zahlreichen Atommüllverarbeitungsanlagen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Unfällen mit Freisetzung von Radioaktivität.
„Der Schein von der absoluten Sicherheit und peniblen Sauberkeit beim Umgang mit radioaktiven Stoffen ist Fassade. Die Betreiber der Anlagen haben offenbar überhaupt nichts weder im Blick noch im Griff, sie sind wohl überfordert mit dem ungelösten Atommüllproblem. Mit Bick auf die anfallenden Abfallmengen beim Rückbau der AKW fordern wir daher eine lückenlose Aufsicht und Kontrolle durch den Staat. Zudem müssen die noch betriebenen AKW vom Netz, um den Müllberg nicht noch weiter wachsen zu lassen. Die Betreiber selbst haben kein Interesse an größt-möglicher Sicherheit, denn die kostet auch das meiste Geld“, so Jan Becker von contrAtom. „Jetzt wird erneut das atomare Entsorgungsdilemma deutlich: die Fässer verrottet und werden undicht. Die Folgen sind – mindestens für die Mitarbeiter der Anlagen – erhöhte Strahlenbelastung.“
Schon die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel wusste den Umgang mit solchen Ereignissen: „in jeder Küche kann beim Kuchenbacken mal etwas Backpulver danebengehen“, versuchte sie, damals als Umweltministerin, den Kontaminationskandal bei Castorbehältern 1998 zu erklären.
„Zusammenfassend ergibt sich neben dem Gefühl, die Betreiber handeln einmal mehr verantwortungslos auch der Anschein, dass an den AKW ohne Wissen der Öffentlichkeit eine Art Endlager eingerichtet wurde“, so Becker.
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Quellen (Auszug): ln-online.de, bergedorfer-zeitung.de, oekonews.at, bietigheimerzeitung.de; 20.03.2012