Belgisches AKW Tihange leckt seit 10 Jahren

Ein leckgeschlagenes Kühlbecken in belgischen Atomkraftwerk Tihange sorgt für Empörung. Seit zehn Jahren verliert Block 1 täglich kontaminiertes Wasser. Kürzlich wurde eine Laufzeitverlängerung beschlossen. Atomkraftgegner fordern die sofortige Stilllegung.

Belgisches AKW Tihange; Bild: google street view

Belgisches AKW Tihange; Bild: google street view

Zwei Liter radioaktives Wasser täglich treten laut belgischen Medienberichten aus einem Stahlbetonbecken aus, das rund 1.500 Kubikmeter Wasser fassen soll und zur Kühlung von verbrauchten Brennelemente genutzt wird. Das Problem besteht offenbar schon seit mehreren Jahren, wird aber nicht behoben, da das Leck nicht geortet werden konnte. Nach Informationen der Zeitung „La Libre Belgique” von Donnerstag versuche die Betreibergesellschaft Electrabel seit sechs Jahren, die genaue Stelle zu finden, an der das Leck entstanden ist. Angeblich hat die belgische Atomaufsicht den Betreiber des Kraftwerks, den Energiekonzern Electrabel, bereits 2006 darauf hingewiesen, dass radioaktiv verseuchtes Wasser austrete.

Informationen über das Leck sind erst jetzt bekannt geworden. Electrabel erklärte, es handele sich um ein „Non-Event“. Das leicht radioaktiv verseuchte Wasser werde behandelt und gerate nicht nach außen. Das Leck habe weder Auswirkungen auf die Mitarbeiter noch auf die Umwelt. Es bestehe keine Gefahr. Auch die belgische Atomaufsicht sieht durch das austretende Wasser kein größeres Risiko. Vergangene Woche hatte die belgische Regierung beschlossen, die Anlage noch bis 2025 am Netz zu lassen. Block 1 ist seit 1975 in Betrieb und sollte ursprünglich 2015 vom Netz gehen. Belgien hatte nach Fukushima den schrittweisen Atomausstieg ab 2015 beschlossen – sofern ausreichend Alternativen zur Energigewinnung zur Verfügung stehen. Der Betreiber wurde im Gegenzug verpflichtet, die Sicherheit der Anlage zu erhöhen. Der europäische Stresstesthatte u.a. ergeben, dass der Hochwasserschutz in Tihange mangelhaft ist.

Umweltschützer sprechen von einem nicht zu akzeptierenden Risiko. Sie befürchten, dass es zu weiteren Rissen in dem Becken kommen kann. Die Grünen von Ecolo und Groen reagierten empört auf die Nachricht und kritisierten den Mangel an Transparenz gegenüber der Bevölkerung.

Auch deutsche Atomkraftgegner fordern die Stilllegung des alten Reaktors:

„Der Weiterbetrieb solch alter und maroder Atomkraftwerke ist gefährlich und riskiert einen schweren Unfall wie in Fukushima mitten in Europa. Derartige Schlampereien wie in Tihange erhöhen das GAU-Risiko”, so Jan Becker von contrAtom. “Die Regierungen gehen der Atom-Propaganda auf den Leim, dass ohne AKWs das Licht ausgeht. Die Laufzeitverlängerung für Tihange muss sofort rückgängig gemacht werden! Wir fordern einen europaweiten Atomausstieg – dafür müssen sich deutsche Europa-Politiker umgehend stark machen!”

contrAtom hatte gemeinsam mit anderen Organisationen zu einer Demonstration am 17. September 2011 vor dem AKW Tihange aufgerufen und fordert die sofortige Stilllegung aller Reaktoren.

  • Belgien / Spanien: Laufzeitverlängerung für alte AKW
    5. Juli 2012 – Die Ergebnisse der europäischen “Stresstests” sind wenige Wochen alt, belegen erhebliche Defizite – und die Betreiber schaffen Fakten: die Betriebszeiten der ältesten Atomkraftwerke in Belgien und Spanien sind verlängert worden. Atomkraftgegner warnen vor einem Spiel mit dem Feuer: Europa spekuliert auf ein eigenes Fukushima.
  • Belgien steigt aus!
    31. Oktober 2011 – Unser Nachbarland Belgien will ab 2015 aus der Atomenergie aussteigen. Nach Deutschland und der Schweiz nun also ein drittes Land, dass die gefährlichen Reaktoren abschalten will. Dazu haben sich die Gesprächspartner bei Verhandlungen zur Regierungsbildung geeinigt. Die Regierung kommt damit einer Forderung von Atomkraftgegnern nach.

Quellen (Auszug): brf.be, volksfreund.de; 11.07.2012