Atomausstieg? Die Wahrheit Teil 20: Milliarden Steuergelder für die Atomenergie
Deutschland steigt aus. Bis 2022 sollen in einem Stufenplan alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden, das erste bereits 2015. Schwarz/gelb feiert das eigene Einknicken im Fortbestand der Atomenergie als Erfolg, rot/grün stimmt mit dem Argument “alternativlos” zu. In Vergessenheit geraten darf aber nicht, dass die Atomenergie ohne staatliche Subventionen gar nicht existieren könnte. Und der Abbau der Alt-Anlagen wird den Staat noch Milliarden kosten.
Laut einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag von Greenpeace beliefen sich die staatlichen Förderungen für die Atomenergie von 1950 bis 2008 auf 164,7 Milliarden Euro.
- Darunter entfallen 60 Milliarden auf Forschungsunterstützung und Sanierungskosten.
- 64,8 Milliarden entfallen auf Steuervergünstigungen und
- weitere 39,1 Milliarden auf Strompreiserhöhungen durch den Emissionshandel, den die praktisch CO2-freie Atomstromproduktion nicht betrifft, sowie auf Vorteile durch einen fehlenden Wettbewerb im Energiesektor.
- Für die Zukunft berechnet die Studie nach den bisher bekannten Zahlen weitere staatliche direkte oder indirekte Subventionen von 92,5 Milliarden Euro.
Neben den Subventionen haben die Atomkonzerne noch weitere Vorteile: alle 17 deutschen Atomkraftwerke sind praktisch abgeschrieben. Das bedeutet, dass der Weiterbetrieb sie zu einer Art Gelddruckmaschine macht. Und: Die Rückstellungen der Konzerne für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Atommülllagerung beliefen sich laut Bundesregierung zuletzt auf 27,5 Milliarden Euro. Diese werden aber nicht besteuert. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert, dass die Konzerne so künstlich ihre Liquidität erhöhen könnten, dem Bundeshaushalt entgingen Einnahmen von rund 175 bis 800 Millionen Euro jährlich.
„Atomares Fass ohne Boden“ – Atom-Altlasten kosten Bund Milliarden
Laut SPD-Haushaltspolitiker Klaus Hagemann seien die 10,6 Milliarden Euro nur eine Untergrenze des Jahres 2010. Angesichts zahlreicher Sanierungsprojekte wie der Asse und dem Endlager Morsleben drohe „ein atomares Fass ohne Boden“.
- Die Regierung kalkuliert heute allein für die Stilllegung und Sanierung des skandalumwitterten Endlagers Asse II mit Gesamtkosten von mehr als zwei Milliarden Euro. Eine komplette Rückholung des Atommülls aus dem maroden Salzbergwerk werde nach einer ersten Machbarkeitsstudie etwa 3,7 Milliarden Euro kosten.
- Beim Rückbau der DDR-Kernkraftwerke in Greifswald und Rheinsberg würden Mehrkosten von einer Milliarde Euro gegenüber der ursprünglichen Planung erwartet.
- Rückbau der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe: Strahlende Hinterlassenschaft als teures Milliardengrab. Satte 2,2 Milliarden Euro wird der ganze Abriss dann gekostet haben – ein Mehrfaches der ursprünglichen Baukosten. Die letzte Schätzung stammt von 2007 – und ist wohl kaum die letzte.
- Die Sanierung des ehemaligen Endagers Morsleben kostet laut Bundesamt für Strahlenschutz mindestens 2,2 Milliarden Euro. Die Gebühren, die die Atomkraftwerksbetreiber für die Ablieferung des Mülls zahlten, reichen bei weitem nicht aus: Für Tausende Kubikmeter Atommüll zahlte die westdeutsche Atomwirtschaft nicht mal 100 Millionen Euro.
- Teures Atomprojekt – Milliardengrab: Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) in Hamm. Einst als Wunderwerk deutscher Ingenieurskunst gepriesen und 1989 nach zahlreichen Unfällen und nur 423 Tagen Stromproduktion stillgelegt. Ein Tag THTR-Strom kostete demnach rund 12,5 Millionen Euro. Die Gesamtkosten werden nach vorsichtigen Schätzungen der örtlichen BI auf insgesamt mehr als 5,3 Milliarden Euro geschätzt.
- AKW Stendal: Abriss eines DDR-Milliardengrabs. Das ehemals Prestigeprojekt, von dem heute kaum einer mehr weiss: Vier russische Reaktoren sollten für die DDR Strom erzeugen – doch wurden nie fertig gebaut. Nun werden 10 000 Tonnen Stahl und 120 000 Tonnen Beton weggeräumt. Und auch Stendal wird zum Milliardengrab.
- Der Gipfel: Schneller Brüter Kalkar. Mit Baukosten von ca. 3,6 Milliarden Euro wurde ein Reaktortyp gebaut, der den Durchbruch der Plutoniumwirtscaft bedeuten sollte – aber nie in Betrieb ging. Das Megaprojekt ist zu einer der größten Investitionsruinen Deutschlands geworden.
- Für die 2011 abgeschalteten alten Atomkraftwerke existieren noch keine Rückbaupläne, die eine realistische Summe aller Kosten nennen könnte. Sicher ist nur: es wird verdammt teuer.
Kostenexplosion auch bei Neubauprojekten
- Auch das geplante Endlager Schacht Konrad soll viel teurer werden als erwartet: Statt der zuvor geschätzten 900 Millionen wird das Endlager nach ersten konkreten Berechnungen rund 1,6 Milliarden Euro kosten. Dies bestätigte ein Sprecher des Bundesamtes für Strahlenschutzes (BfS).
- In Gorleben sollen – trotz Untauglichkeit – für die weitere Erkundung des Salzstockes für ein Atommüllendlager weitere Milliarden versenkt werden.
- Das Prestigeprojekt der Atomindustrie, mit der die Wiederbelebung der europäischen Reaktortechnik stattfinden sollte, wird in Finnland zum Debakel: Die Fertigstellung des“Europäischen Druckwasserreaktors“ in Olkiluotodurch den französischen General-Energie-Unternehmer Areva wurde einen Fixpreis von 3 Milliarden Euro versprochen – dann kletterten die Kosten im Laufe der Bauverzögerung auf 6 Milliarden Euro, mit offenem Ende.
- Vermeintliche Alternativen: Kostenexplosion bei Iter – Fusionsexperiment dreimal teurer als erwartet.Das internationale Fusionsexperiment Iter scheint unter keinem guten Stern zu stehen. Die 2005 vereinbarten Kosten- und Zeitpläne sind offenbar Makulatur, die Kosten haben sich verdreifacht. Schuld sollen explodierte Rohstoffpreise und schwerfälliges Management sein.
Wir fordern: Schluss mit der teuren Atomenergie!
- Gorleben ist nicht vom Tisch!
- Restlaufzeiten wurden verlängert!
- „Kaltreserve-AKW“: Zwei alte Meiler sollen gar nicht stillgelegt werden!
- 2022? Es geht schneller!
- Eine Entsorgungsperspektive existiert nicht!
- Milliarden für Atomforschungsprojekte ohne Zukunft
- In Demokratien ist die Atomenergie faktisch am Ende!
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- Milliarden Steuergelder für die Atomenergie
Quelle: Auszug: news.yahoo.de vom 26.07.2010, eigene Recherche; 23.07.2011