Die Wahrheit zum Atomausstieg
Deutschland steigt aus. Ein Medienrummel, eine Anti-Atom-Kanzlerin, der (ehemalige) Umweltminister Röttgen wird zum AKW-Abschalter. Doch ein ganz dicker Brocken ist im Zusammenhang mit dem neuen „Konsens“ über den Atomausstieg auf der Strecke geblieben. Darauf habe ich in zwei Vorträgen und mit einer Ausstellung während der KLP hingewiesen. Auf der Mützingenta und bei den „Castor-Gesprächen“ in Prisser lauschten zahlreiche Besucher den Ausführungen.
Denn: Neun Reaktoren laufen weiter. Was kaum jemand bemerkt hat, ist die Laufzeitverlängerung, die alle Meiler mit dem neuen „Konsens“ bekommen haben. Bis zu fünf Jahre länger dürfen sie im Vergleich zum rot/grünen Konsens am Netz bleiben, teilweise völlig willkürlich: Gundremmingen B und C sind baugleich, im gleichen Jahr in Betrieb genommen worden – und Block C darf noch bis 2021 laufen, während der Nachbarreaktor schon 2017 stillgelegt werden soll.
Vergessen wurde auch das Ende für die Urananreicherungsanlage in Gronau. Im Gegenteil zum „Ausstieg“ wird die Anlage zur Zeit weiter ausgebaut, so dass rechnerisch jedes zehnte AKW weltweit (!) mit Brennstoff aus Deutschland versorgt wird. Gesprochen werden muss auch über die Herkunft des Urans für die letzten neun AKW. Die Bundesregierung hat kein Interesse an Informationen, unter welchen Umständen die Menschen im Niger oder in Kasachstan arbeiten, inwieweit radioaktiver Staub die Umgebung der Minen verseucht oder ganze Völker vertrieben werden.
Natürlich muss auch über Gorleben gesprochen werden. Fakt ist, dass die Entsorgungsfrage im neuen „Atomkonsens“ keine Rolle spielt. Mit jeden weiteren Betriebstag der Reaktoren wächst der Müllberg, für den es keine Lösung gibt. Denn auch in den letzten Betonköpfen sind die Zweifel an Gorleben angekommen. Nachdem der „Dialog“ um den Salzstock im Wendland gescheitert ist, soll eine „weiße Landkarte“ und „alternative Standortsuche“ den Prozess entzerren. Doch das eigentliche Problem – die immer weiter zunehmende Menge des Mülls – wird missachtet.
Im Herbst 2011 rollte der vorerst letzte Castor nach Gorleben. Es wird wohl ein paar Jahre dauern, bis wieder hochradioaktiver Atommüll in die Zwischenlagerhalle transportiert wird. Sicher ist aber: er kommt. Und sicher ist auch, dass Atomtransporte weiterhin unzureichend gegen Einwirkungen Dritter geschützt sind. Bei den Atommüll-Lagerhallen wird über Terrorschutz diskutiert, dass aber Panzerfäuste einen Castor zerstören können und die Unfalltests einer realen Havarie nicht entsprechen, teilweise auch nur Berechnungen gemacht wurden, das wird lieber verschwiegen. Auch über die vielen LKW-Transporte mit Uran oder Brennelementen, die aus den Häfen Hamburg oder Rostock in die Urananlagen bzw. AKWs rollen oder über deutsche Autobahnen ins Ausland führen, wird geschwiegen.
Schon vor dem Aus der acht ältesten AKW gab es immer wieder Drohungen von „großflächigen Stromausfällen“. Fakt ist: seitdem ist nichts passiert. Im Gegenteil ist Deutschland in der Bilanz auch 2011 Stromexporteur geblieben – wie alle Jahre zuvor. Mit Grafenrheinfeld soll 2015 das nächste AKW stillgelegt werden. Schon heute warnen Politiker und Stromkonzerne mit den nächsten Schauermärchen vor Blackouts. Doch die Erneuerbaren Energien versorgen schon heute ohne Probleme die deutschen Stromkunden – mit immer weiter zunehmendem Anteil am Strommix.
Am Ende der „Wahrheit zum Atomausstieg“ steht ein Appell: Wir sind noch lange nicht am Ende, der Kampf um die Abschaltung der Atomkraftwerke muss an jeder einzelnen Anlage geführt werden. Denn freiwillig werden die Energiekonzerne ihre „Gelddruckmaschinen“ nicht abschalten. Und auch um Gorleben ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Weitere Gründe und Argumente, weshalb – außer dem Ende der acht AKW – der „Atomausstieg“ keinen Applaus verdient hat, findet ihr im Internet: www.contratom.de
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- KLP 2012: Atomausstieg? Gorleben vom Tisch?
Das die Politik neben den vielen Künstlern, Ausstellungen, Konzerten und kulinarischen Ständen nicht zu kurz kommt, bewies Anti-Atom-Bewegungsarbeiter Jan Becker am Dienstag abend. – www.muetzingenta.de
aus: Gorleben Rundschau Juni 2012